Beat the Heat. Der Sommer auf der arabischen Halbinsel - Pedal for Paws

Für den Tierschutz fahren wir, Xenia (32) und Joscha (32), seit August 2022 mit dem Fahrrad um die Welt. Vor ca. 1,5 Jahren tauschten wir als völlige Anfänger den Bürostuhl in Berlin mit dem Fahrradsattel und fuhren über 3.800 Kilometer von Berlin bis nach Istanbul. Danach setzten wir unsere Reise auf der arabischen Halbinsel fort und radelten weitere 3.000 Kilometer durch Jordanien und Saudi-Arabien.


Kurz vor Ablauf des saudischen Visums sind wir auf die Hilfe und Gastfreundschaft von Saudis und Gastarbeitern angewiesen, um rechtzeitig über die Grenze zu kommen. Auf Pickups und Lastwagen werden wir und unsere Räder in wenigen Tagen in die omanische Küstenstadt Salalah gebracht. In der Wüste Arabiens haben wir mit vielem gerechnet, aber nicht mit subtropischer Hitze. Hier im Südwesten des Omans, am Rande der größten Sandwüste der Welt, der Rub al Khali, herrscht ein besonderes Klima. Wie so oft haben wir vor unserer Ankunft kaum recherchiert. Umso erstaunter sind wir, als wir plötzlich zwischen saftig grünen Bananenplantagen radeln und die hohen Palmen statt Datteln Kokosnüsse anbieten. Wir fühlen uns wie in Südostasien oder im karibischen Kolumbien.

Wie ist das möglich? Die Antwort liegt in einem Naturwunder namens „Charif". Jedes Jahr im Juli wird die trockene Erde der Dhofar-Region im Süden Omans durch Monsunwinde für einige Wochen in einen Garten Eden verwandelt.

Ein abkühlendes Naturschauspiel, welches Tourist:innen aus der gesamten Golfregion anzieht. Wasser, das vom Himmel fällt, ist auf der Arabischen Halbinsel Mangelware. Der angenehme Nieselregen erfrischt nicht nur die Gemüter, sondern füllt auch die Grundwasserreserven auf. So können Mangos, Papayas und Bananen angebaut werden. Was wir in Salalah noch genießen, wird sich später als große Herausforderung erweisen. Durch die extrem hohe Luftfeuchtigkeit fühlt sich die Luft noch heißer und stickiger an. Wir schwitzen aus allen Poren. Ohne etwas zu tun. Schon beim Verlassen Salalahs mit dem Fahrrad drückt dieser Wetterumschwung bereits auf unsere Stimmung.

 

Die Luftfeuchtigkeit von über 85 Prozent ist nicht zu ertragen und schnürt uns die Lungen zu, so dass jede Umdrehung des Pedals zu einem Kraftakt wird. Nach knapp 20 Kilometern wirft Joscha das Handtuch für diesen Tag. Wir finden Unterschlupf an einem einsamen Strand und gehen noch ein wenig planschen, bevor die Sonne untergeht. In der folgenden Nacht weicht die Freude aus unseren Gesichtern, als wir von Mücken zerstochen, stundenlang im eigenen Schweiß liegen und nicht schlafen können, da die Luftfeuchtigkeit über 90% und die Temperatur über 30 Grad liegt. Dazu kommen Sturm und Regen auf dem Meer, die uns nicht verschonen und uns daran erinnern, dass unser Zelt auch nicht mehr so dicht ist wie gedacht. Eine Nacht zum Vergessen.

 

Aller Anfang ist schwer, aber die Strecke entlang der omanischen Küste in Richtung der Hauptstadt Muscat bietet trotz des heißen Wetters ein Highlight nach dem anderen. Unterwegs fahren wir über Strecken, die uns an die “Great Ocean Road” in Australien erinnern, beobachten Schildkröten in freier Wildbahn bei der Eiablage, durchqueren rosafarbene Salzseen und auch die Hitze, die uns immer noch zu schaffen macht, hat ihre Vorteile. Da wir immer früher aufstehen, um dem schwülen Wetter zu entkommen, werden wir jeden Morgen mit einem unvergesslichen Sternenhimmel und Sonnenaufgängen über dem Meereshorizont belohnt.

Was der Oman auch immer wieder zu bieten hat, sind die schönen Rastplätze, die es entlang der Küste gibt. Hier können wir ein Nickerchen machen und den Schlaf der kurzen Nächte ein wenig nachholen. Wir haben Zeit, uns etwas Stärkendes zu kochen. Wir akzeptieren die Situation. Im Winter wäre der Oman ein Campingparadies. Im Sommer ist es das genaue Gegenteil. Wir gewöhnen uns nur schwer daran, um 2 Uhr aufzustehen, Haferbrei zu essen, zu packen und um 3 Uhr aufzubrechen, aber wir haben keine andere Wahl. Auch das gehört dazu, dass wir nicht immer zur perfekten Zeit am perfekten Ort sein können. Und das ist auch gut so. Im Nachhinein betrachtet, ist es für uns und unsere Räder eine gute Herausforderung, an die Grenzen unserer Belastbarkeit zu gehen.

Die omanische Hauptstadt Muscat hält dafür einige Belohnungen bereit. Bei unserem Couchsurfing-Host fühlen wir uns wie zu Hause und auch kulturell gibt es einiges zu entdecken, zum Beispiel die atemberaubende Sultan Quabus Moschee.

Sie begeistert, ohne zu übertreiben. Die durchdachten Details, die Symmetrie, die schlichte, sandfarbene Gestaltung von außen und dann das blaue, prunkvolle Innere mit diesem riesigen, handgeknüpften persischen Teppich. Hier kann man ewig verweilen und immer wieder raffinierte Details an Wänden, Fenstern, Boden und Decke entdecken. Es ist ein ineinander verwobenes Kunstwerk, eine Mischung aus Baustilen des Oman, Usbekistans, Irans und Indiens. Der Besuch hat sich auf jeden Fall sehr gelohnt.

 

Entlang der Küste des Oman geht es weiter in Richtung Nordwesten und nach 350 Kilometern erreichen wir die Vereinigten Arabischen Emirate. Unser Ziel ist in greifbarer Nähe. Die letzten zwei Tage bis zur Ankunft in Dubai sind für uns eine einzige Tortur. Wir haben genug von der hohen Luftfeuchtigkeit, dem extremen Schlafmangel und dem nächtlichen Radfahren. Wir wollen am liebsten nur noch ankommen und die Räder am liebsten gar nicht mehr sehen. Auch die Landschaft wird immer eintöniger und der Verkehr nimmt zu.

Wieder einmal bieten uns Gastarbeiter ihre Hilfe. Sie nehmen uns ein Stück auf ihrem Lastwagen mit und bestehen darauf, dass wir die Mittagshitze in ihrer Unterkunft verbringen. Wir betonen mehrmals, dass das nicht nötig sei, aber unsere Worte werden irgendwie überhört. Und so verbringen wir den Nachmittag in einer typischen Unterkunft für pakistanische Gastarbeiter. Es gibt wirklich wenig Platz, den sich 6 Männer pro Zimmer teilen müssen.

Oft fühlen wir uns schlecht in solchen Momenten. Denn wir sehen, dass sie es nicht leicht haben und trotzdem bestehen sie darauf, uns zu helfen und ihr Essen mit uns zu teilen. Dabei sind wir die Letzten, die hier Hilfe brauchen. Aber für sie ist es selbstverständlich, anderen zu helfen. Es ist ihr starker Glaube, der sie zu diesen Taten motiviert. Einer der Männer sagt: "Wir sind arm, aber unser Herz ist nicht arm. Und so tun wir unser Bestes, um gute Gäste zu sein und allen eine schöne Erinnerung an diesen Tag zu hinterlassen - als Zeichen unserer Dankbarkeit. Gegen Abend bringen sie uns zu unserem Zeltplatz. Es ist unsere letzte Nacht auf der arabischen Halbinsel.

In Dubai angekommen, könnte der Kontrast zur pakistanischen Gastarbeiterunterkunft nicht größer sein.

Dank unseres Couchsurfing-Gastgebers, der gerade verreist ist, verbringen wir einige Tage in einem Luxusapartment in einem der teuersten Viertel der Stadt - Dubai Marina. Wir fühlen uns wie Aschenputtel, als wir schmutzig und verschwitzt in dieser wunderschönen Wohnung ankommen und können unser Glück kaum fassen. Wir haben mit einer einfachen Couch gerechnet, auf der wir schlafen können, und bekommen eine phänomenale Aussicht mit einem riesigen Balkon und vier Zimmern, in denen wir uns ausbreiten können.

Joscha und ich umarmen uns, feiern den Moment mit einem Glas edlen Tropfens (unser erster Wein seit 6 Monaten) und freuen uns auf unseren unerwarteten Urlaub mitten in Dubai. Was für eine Wendung des Ereignisses. Das ist der Zauber dieser Reise. Unsere Glücksschwelle wird gesenkt durch Kontrasterfahrungen und durch das langsame Reisen und Leben auf dem Fahrrad.

 

Verfolge unsere Weiterreise gerne auf Instagram: project.pedalforpaws.

 

Xenia & Joscha

 

 

Unsere Fahrräder: Böttcher Expedition, Rohloff Speedhub 500/14

 

Ein kleiner numerischer Überblick:
- 11.600km durch 17 Länder mit dem Fahrrad

- 1 Rohloff-Ölwechsel pro Rad

- 1 Ketten-und Reifenaustausch pro Rad

 

Weitere Informationen zu unserer Route und Ausrüstung findest du hier.