Mit der Rohloff in der größten Sandwüste der Welt - Pedal for Paws
Für den Tierschutz fahren wir, Xenia (32) und Joscha (32), seit August 2022 mit dem Fahrrad um die Welt. Vor 1,5 Jahren tauschten wir als völlige Anfänger den Bürostuhl in Berlin mit dem Fahrradsattel und fuhren über 3.800 Kilometer mit dem Fahrrad bis nach Istanbul. Im Winter 2022/2023 stehen wir dann vor der kniffligen Entscheidung, wie es für uns weitergeht. Eigentlich ist die Weiterreise in die Türkei über den Iran geplant, doch die unklare Sicherheitslage im Iran durch die Proteste der Bewegung „Frauen, Leben, Freiheit“ sowie der anstehende kalte türkische Winter machen uns Bauchschmerzen.
Nach einiger Überlegung buchen wir den Flug nach Jordanien auf die Arabische Halbinsel. Im Flughafengebäude in Amman bauen wir in der Nacht unsere Böttcher-Fahrräder „Plato“ und „Sokrates“ wieder zusammen, und bereits während unserer ersten Kilometer am Morgen merken wir, dass wir in einer neuen Welt gelandet sind.
Die für uns fremde Sprache, Gerüche und Natur bringen uns von Anfang an zum Staunen. Jordanien ist ein kleines, aber dafür sehr abwechslungsreiches Land zum Radfahren. Für Touring-Reisende als auch Gravel- und MTB-Begeisterte gibt es viel zu entdecken.
Im Westen des Landes befindet sich die tiefste Stelle der Erde, das Tote Meer. Es liegt auf einer Höhe von -420 Höhenmetern. Viele nervtötende Fliegen und wenige öffentliche Zugänge zum Toten Meer stellen uns vor große Herausforderungen. Doch die mühsame Suche lohnt sich, denn das Plantschen in diesem Jungbrunnen mit einem Salzgehalt von über 30 % ist nicht nur gut für die Gesundheit. Die Haut fühlt sich plötzlich weich und geschmeidig an.
Vom tiefsten Punkt der Erde hat es uns zum tiefsten Punkt der Reise gebracht. Über 1.600 Höhenmeter klettern wir in den Süden Jordaniens, wo wir aufgrund einer schweren Lebensmittelvergiftung und mehrerer Krankenhausaufenthalte eine Zwangspause einlegen müssen.
Das Warten auf ein neues Kapitel nach dieser gesundheitlichen Odyssee führt uns schließlich in das Land, das wir vor der Einreise am wenigsten einschätzen konnten und das sich als einer unserer Höhepunkte erwies: Saudi-Arabien.
Das einst verschlossene und kulturell ferne Land öffnet seit 2019 seine Grenzen für Touristen und macht große Fortschritte in vielen zukunftsorientierten Bereichen der Energieversorgung, des Tourismus und der Technologie. Die drei Monate in Saudi-Arabien waren eine intensive, wenn auch ambivalente Erfahrung, die uns mehrmals zum Weinen brachte - vor Rührung und Verzweiflung.
Mit dem Fahrrad in Saudi-Arabien unterwegs zu sein, ist eine gute Idee, denn das Land ist als europäischer Tourist mit einem "Visum on Arrival" leicht zu bereisen, die Straßen sind breit, der Verkehr ist ruhig und es gibt viel Platz zum Zelten. Obwohl ein großer Teil Saudi-Arabiens aus Wüsten besteht, haben wir nicht geahnt, dass die Natur so vielfältig ist. Einzigartige Campingplätze, rote Gesteinswände, gelbe Sandwüsten, felsige Berglandschaften mit ansässigen Baboon-Affen oder vorbeiziehenden Kamelherden sind unerwartete Eindrücke in diesem Land. Aber die größte Überraschung sind wohl die Menschen und ihre unvergleichliche Hilfsbereitschaft gegenüber Radfahrer:innen.
Auf der Fahrt werden uns täglich Wasser und Snacks serviert, und es mangelt nicht an den zahlreichen Einladungen in die Häuser der Saudis und Gastarbeiter:innen. Als Touristen außerhalb der großen Städte sind wir immer noch etwas Besonderes und werden entsprechend behandelt. Heute erinnern wir uns nur mit einem Lächeln und einem Kopfschütteln an die großzügigen Geschenke oder eine unvergessliche Einladung eines Scheichs. Wir sind über 2.500 km vom Nordwesten des Landes entlang des Asir-Gebirges über Tabuk, Al-Ula, Medina, Jeddah, Taif, Abha bis zur jemenitischen Grenze in Najran gereist. Dort lernen wir nicht nur die jemenitische Kultur besser kennen, sondern machen auch unsere erste Erfahrung als Tramper mit Fahrrädern durch die größte Sandwüste der Welt bis zum Arabischen Meer im Oman. Auch dieses Kapitel erweist sich dank der freundlichen Gastarbeiter und hilfsbereiten Saudis mit ihren großen Pick-up-Trucks als leichtes Unterfangen.
Mitten in der größten Sandwüste der Welt, der Rub-Al-Khali, kurz vor der Grenze zum Oman, werden wir von einem LKW-Fahrer rausgelassen. Wir schlagen unser Zelt für die Nacht auf und freuen uns auf eine aufregende Nacht. Stattdessen verdunkelt sich schlagartig der Horizont und wir finden uns plötzlich in einem heftigen Sandsturm wieder. In Panik werfen wir alle unsere Fahrradtaschen ins Zelt, und Joscha versucht mit aller Kraft, das Zelt von außen zu halten. Als sich abzeichnet, dass der Sturm noch länger anhalten wird, flüchten wir entkräftet in unser Schlafquartier, das sich von links nach rechts wälzt. Obwohl es permanent Sand von der Decke regnet, überstehen wir die Nacht halbwegs gut. Am nächsten Morgen sind die Räder im Sand kaum noch zu erkennen, aber nach ein wenig Pflege und Reinigung können wir unsere Reise fortsetzen und mit der Überfahrt in den Oman einen weiteren Abschnitt unserer Reise abschließen.
Wer sich für intensives Reisen interessiert, kann in Saudi-Arabien fündig werden. Das Land hat sich uns von einer unerwarteten, kontrastreichen, liebenswerten und lehrreichen Seite mit allen möglichen Höhen und Tiefen gezeigt.
Mehr Einblicke zu unserer Zeit auf der arabischen Halbinsel findest du auch auf den sozialen Medien (Instagram/Facebook: @project.pedalforpaws).
Wir freuen uns auf Dich.
Xenia & Joscha
Unsere Fahrräder: Böttcher Expedition, Rohloff Speedhub 500/14
Ein kleiner numerischer Überblick:
- 11.600km durch 17 Länder mit dem Fahrrad
- 1 Rohloff-Ölwechsel pro Rad
- 1 Ketten-und Reifenaustausch pro Rad
Weitere Informationen zu unserer Route und Ausrüstung findest du hier.