Mekka der Radsportler

Ein Bericht von Veit Riffer - In den Alpen gibt es zwei Orte für Radsportler, die besonders mit der Tour de France verbunden sind. Das ist zum einen die Alpe d'Huez, auf welche ich erst in der vergangenen Woche gefahren bin.

In den Alpen gibt es zwei Orte für Radsportler, die besonders mit der Tour de France verbunden sind. Das ist zum einen die Alpe d'Huez, auf welche ich erst in der vergangenen Woche gefahren bin. Gestern nun hatte ich mir den Mount Ventoux vorgenommen. Mit seinen 1909 m überragt er seine Umgebung um viele hundert Meter, und als dominierende Erscheinung im weiten Umkreis wird er nicht ohne Grund auch Gigant der Provence genannt. Diesen Berg, an dem TdF-Geschichte geschrieben wurde, umgibt ein Nimbus, der Radsportler aus aller Welt anzieht. Jeder, der etwas auf sich hält, will dort einmal hoch. Ein Ziel, ähnlich wie Mekka für die Moslems.


Ich hatte mir natürlich wieder eine kleine Rundtour zusammengestellt. Auf den 57 km kamen dabei allerdings immerhin 1750 Hm zusammen. Weil es - wie hier zu dieser Jahreszeit normal - tagsüber sehr heiß werden würde, startete ich schon kurz nach dem Hellwerden. Das ist zu dieser Jahreszeit ungefähr 7.00 Uhr. Die ersten sieben Kilometer ab Bédoin eigneten sich sehr gut zum warmfahren: meist leicht ansteigend mit kurzen Flachstücken, aber keine brutalen Rampen.


Eine scharfe Linkskurve bzw. Kehre eröffnete dann den Kampf um den Berg, denn nun zog die Steigung drastisch an. Glücklicherweise verlief die Straße im Wald, der zu dieser Zeit nicht nur genug Schatten spendete, sondern wegen des Regens am Vorabend angenehm kühlte. Durch die Verdunstung der Feuchtigkeit sanken hier nämlich zusätzlich die Temperaturen. Über der Tausend-Meter-Grenze flachte es später etwas ab, allerdings kam nun auch die Sonne immer öfter durch die spärlicher werdende Vegetation.

An der Baumgrenze tauchte in einer Straßenkehre schließlich auf 1400 m eine große Raststation auf. Ich widerstand jedoch der Versuchung zu einer ausgiebigen Pause. Noch waren 500 Hm zu bewältigen, ab jetzt komplett ohne Schatten. Aber der Wind, für den der Berg berüchtigt ist, spielt überhaupt keine Rolle. Optimale Bedingungen für den Gipfelsturm!


Nach einem langen Flachstück zwischen 6 und 7% wurden die letzten 3 Kilometer noch einmal richtig anstrengend. Hier benötigte ich nun mehrere kurze Ruhepausen, mit denen ich eigentlich im Angesicht der Gipfelstation gar nicht mehr gerechnet hatte. Doch mußte ich unbedingt Energie und Wasser nachtanken, erstmals seit dem Morgen. Nach dem steilsten Teil des Anstiegs, den letzten 500 m mit 11% Steigung, kam ich endlich 12.10 Uhr ganz oben an. Für die 22,7 km hatte ich brutto (d.h. mit allen Pausen) ziemlich genau 5 Stunden ab dem Campingplatz benötigt. - Soll es doch erstmal ein Handbiker über diesen steilsten Aufstieg besser machen! Und zwar ohne e-Unterstützung!


Apropos. Bei meiner Auffahrt haben mich etliche E-Bike-Fahrer überholt. Mittlerweile sind sie sich offenbar nicht einmal zu blöd dafür, dieses Symbol für den RadSPORT mit dem Mofa (so nenne ich e-Bikes) zu befahren. Die Straße sollte für solche Zweiräder gesperrt werden - ich empfinde es jedenfalls als Beleidigung. Die Verachtung der echten Radsportler ist solchen Leuten sicher.


Mir auf meinem Handbike dagegen wurde allerorten höchster Respekt gezollt. Manchmal war mir das sogar schon etwas peinlich, als beispielsweise gerade pausierende Radler mich während meiner Vorbeifahrt beklatschten. Aber die Anerkennung durch die Radsportler ohne Handicap ist auch eine sehr schöne Erfahrung. Und die steigt mit mit jedem Höhenmeter, den man auf seinem Weg nach oben bewältigt.

Auf dem Gipfelplateau herrschte logischerweise Hochbetrieb. Dabei verloren sich die paar Besucher mit Auto oder Motorrad in einem Heer von Radfahrern. Sportler auf Zweirädern haben hier absoluten Vorrang!!! Solches Gewimmel ist allerdings nicht meine Sache. Ein paar Minuten ließ ich das großartige Panorama von hier oben auf mich einwirken, dann machte ich mich an die Abfahrt.


Die wurde noch einmal spannend. Denn bereits am Ende der Tour im Vercours machten sich die Bremsbeläge meines Gefährts bemerkbar. Ich wollte sie danach eigentlich auswechseln, hatte das jedoch vergessen. Jetzt rieben sich die letzten Krümel des Belags ab. Die Bremsgeräusche wurden immer lauter, ein Zeichen dafür, das das Trägermetall allmählich mit der Bremsscheibe in Kontakt kam. Teilweise bremste ich also zusätzlich mit meiner Feststell-Felgenbremse, ein trotzdem ebenso riskantes wie (aufgrund der drohenden Überhitzung der Felge) problematisches Manöver.


Endlich war ich unten. Die letzten Kilometer führte mich eine wunderbar kurvenreiche Straße im leichten Auf und Ab durch eine mediterrane Landschaft zurück zum Ausgangspunkt.


Besser konnte es an diesem Tag gar nicht laufen!

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