Auf Fahrrad Weltreise

Wir, Martin L. und Nadine P. aus Deutschland, befinden uns auf einer mehrjährigen Fahrradweltreise. Nach 60.500 km in 4,5 Jahren sind wir mittlerweile in Peru angelangt; ein guter Zeitpunkt für einen kurzen Rückblick.

Für all diejenigen wie ich vor sechs Jahren, die noch nie etwas von der Rohloff Schaltung gehört haben, hier kurz ein paar relevante Basisdaten: Die Schaltung ist eine interne Schaltung für Fahrräder. Mit 14 Gängen besitzt sie dieselbe Anzahl an vollen Gängen wie eine 27 Gang Schaltung von Shimano (da diese ja viele nahezu doppelte Gänge hat). Die Gänge werden mit einer Drehgriffschaltung gewechselt, und im Unterschied zu einem herkömmlichen System können die Gänge auch im Stand gewechselt werden. Weitere Vorteile: größerer Schaltbereich, stabileres Hinterrad und weniger Wartungsarbeiten.
Ich muss zugeben, dass es doch etwas schmerzvoll war, für die Schaltung nahezu so viel Geld auszugeben wie für mein Fahrrad, doch ein paar Freunde haben mich schließlich davon überzeugt, dass die Nabenschaltung perfekt für unsere Reise wäre, so dass wir sie uns schließlich gekauft haben. Am 1. Juni 2003 sind Nadine und ich dann zu unserer Weltreise aufgebrochen. Wir nahmen einfach unsere alten Mountainbikes, montierten Gepäckträger und tauschten unsere alten Schaltungen gegen die Neue aus. Es dauerte eine Weile, bis wir uns an die neue Nabenschaltung gewöhnt hatten, denn dass man im Stand einfach den Gang wechseln kann, während man an der Ampel wartet oder nachdem man an einen steilen Berg kurz anhalten musste, waren wir nicht gewohnt.

Die Schaltung wird mit Öl geschmiert, und gemäß dem Bedienungshandbuch machten wir unseren ersten Ölwechsel nach 5500 km in Russland. Es war bereits etwas kalt, und so dauerte es eine Weile, bis das Öl schließlich aus den Nabe lief, doch der Rest verlief problemlos.

Nach etwa 6500 km, mitten in den verschneiten Bergen der Türkei, hatte Nadine auf einmal Probleme beim Schalten. Ich überprüfte ihre Schaltkabel und stellte fest, dass ich deren Enden wohl nicht gut genug abgeschnitten hatte und sie so aufgesplissen waren und an der Schaltbox gescheuert haben. Ich tauschte also ihre Schaltzüge aus und so ging es problemlos weiter durch Syrien und Jordanien bis nach Ägypten und ebenso wieder zurück in die Türkei.

Mittlerweile hatte ich ausfindig gemacht, dass der empfohlene Ölwechsel nach jeweils 5000 km nur gemacht wird, um auch absolut auf der sicheren Seite zu sein und dass alle 10000 km prinzipiell ebenfalls in Ordnung ist. So machten wir unseren zweiten Ölwechsel also nach 15000 km mitten in der iranischen Wüste. Wir hatten ungefähr 35°C im Schatten, und so kam das Öl blitzschnell aus der Nabe gelaufen. Nach dem Ölwechsel ging es dann weiter durch Pakistan in die Bergwelt des Himalaya in Nordindien über Pässe von bis zu 5300m.

Insbesondere bei den langen Anstiegen waren wir für die Möglichkeit, in jeder Lage unsere Gänge wechseln zu können, mehr als dankbar. Welch ein Luxus! Zurück in Neu Delhi beschlossen wir, dass es nun an der Zeit wäre unsere Kette und das hintere Ritzel nach 18000 km zum ersten Mal zu wechseln. Nachdem alles gewechselt wurde, stellten wir fest, dass sich beim Schieben der Räder die Pedale mitdrehten. Das war aber vorher nicht so! Etwas verwirrt schickte ich eine E- Mail an Rohloff, und nach ein paar Stunden kam mit der Antwortmail auch schon die Lösung. Beim Abschrauben des Ritzels wurde das Gehäuse der Nabe etwas verspannt, wodurch sich nun die Pedale mitdrehten. Die vorgeschlagene Lösung war zwar recht simpel, da ich einfach mit einem großen Plastikhammer beiden Seiten der Achsen einen ordentlichen Schlag versetzen sollte, doch wo um Himmels Willen in Indien einen großen Plastikhammer herbekommen!? Wir haben nahezu einen ganzen Tag damit verbracht, alle Werkzeugläden in dem Großstadtchaos von Delhi zu durchstöbern, doch letztendlich wurde ich fündig. Der ordentliche Schlag auf die Achse funktionierte, und so machten wir uns auf den Weg nach Rishikesh.


Rishikesh liegt am Fuße des Himalaya und zwar exakt an der Stelle, an der der Ganges die Berge verlässt. Wie bereits schon auf der Donau in Europa haben wir hier wieder einmal eine 1000 km lange Kanuetappe bis runter nach Varanasi eingelegt. Wir packten unsere Fahrräder in unseren 5m langen Faltkanadier (den Martin vorher auf einen Anhänger hinter sich herzog) und machen uns auf die Reise. Obwohl wir wussten, dass man die Rohloff Nabe nicht auf die Seite legen soll, haben wir dem keine so richtige Beachtung geschenkt, da wir bisher ja keinerlei Probleme hatten und dachten, dass dies wohl auch nur eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme wäre. Doch da haben wir uns ein bisschen geirrt, denn nach ein paar Tagen fing etwas Öl an aus meiner Nabe zu tropfen (es war zudem auch extrem heiß und das Öl dementsprechend dünnflüssig). Wir verstauten unsere Räder nun aufrecht im Boot, und das Problem mit dem tropfenden Öl war gelöst. Von Indien aus flogen wir nach Bangkok, da wir auf dem Landweg nicht durch Burma durchreisen konnten. Von Bangkok ging es zunächst Richtung Norden nach Laos, wo wir auf dem Mekong eine weitere Paddeletappe einlegten, um anschließend über Kambodscha, Malaysia und Singapur nach Indonesien zu radeln. 25200Km von zu Hause machten wir mitten im Dschungel von Sumatra unseren dritten Ölwechsel. Wir hatten den Tipp bekommen, dass man als Langzeitradler das Spülöl ruhig zwei Tage lang radeln sollte, da dies einen besseren Reinigungseffekt hätte. Bei Nadine hat das Ganze zwar optimal funktioniert, doch von dem Querliegen auf dem Boot in Indien waren meine Dichtungen anscheinend nicht mehr ganz so optimal, und so war innerhalb der zwei Tage das ganze dünnflüssige Spülöl aus meiner Nabe gelaufen. Wir füllten wieder das normale Öl in die Nabe und radelten problemlos weiter.

Wir kamen gerade von einer dreitägigen Besteigung des Vulkans Mt Rinjani auf Lombok (Nachbarinsel von Bali) zurück, als Nadines Schaltzüge wieder Probleme machten. Eines der Kabel war in der Mitte aufgesplissen (wie das passiert sein kann, ist uns schleierhaft), und so tausche ich wieder mal eine Schaltzug bei Nadine aus. Ich war wirklich nicht glücklich, schon WIEDER einen Schaltzug bei Nadine austauschen zu müssen, doch nach 27500km wirklich nichts, um sich ernsthaft Sorgen machen zu müssen! Von Bali aus ging es mit dem Flugzeug nach Darwin im Norden Australiens, von wo aus wir quer durchs Outback nach Adelaide radelten, bevor es an die Ostküste ging. Wir kamen in Sydney passend zur alljährlichen Bikeshow an und hatten das Glück, den Australienimporteur von Rohloff zu treffen. Wir hatten sogar noch viel mehr Glück, denn die waren sogar begierig darauf, sich unsere Naben nach den vielen Kilometern (35000km) mal von Innen anzusehen, konnten aber zufrieden feststellen, dass die Naben quasi noch wie neu aussahen.

Da die Naben nun aber schon mal offen waren, haben sie ihnen gleich die neuen leichtgängigeren Dichtungen eingesetzt und Nadines bereit etwas abgegriffenen Schaltgriff ausgetauscht. Im Dezember 2005, wir waren gerade in Neuseeland angekommen, beschwert sich Nadine wieder über ihre schwergängigen Schaltzüge. Diesmal verpasse ich ihr einen komplett neuen Satz, aber ich fange mich nun doch langsam an zu wundern, warum Nadine nach „nur“ 37500km bereits zum dritten Mal neue Schaltzüge braucht, während ich noch mit dem Originalsatz unterwegs bin. Ich beobachtete sie in den nächsten Tagen etwas genauer und stelle fest, dass sie eigentlich ständig am Schalten ist. Nadine schaltet bis zu 10x öfter als ich, und so ist es also auch kein Wunder, dass sie mehr Schaltzüge verschleißt.

Nach einem herrlichen Sommer auf der Südinsel sind wir gerade rechtzeitig zurück bei unseren Freunden bei Wellington um den dritten Jahrestag unsrer Abreise zu feiern, und ich entscheide mich, dass dies ebenfalls eine gute Gelegenheit wäre, nach nun mehr 40500km meine Schaltzüge zum ersten Mal zu wechseln. Auf dem Weiterweg nach Auckland wurden wir schließlich vom Winter eingeholt, und während wir gerade so durch die verschneite Landschaft radeln, bricht plötzlich die Schraube, die OEM2 Platte am Rahmen fixiert(41000km). Wir haben keine Erklärung dafür, warum die Schraube brechen konnte, und so ersetzten wir sie einfach durch eine neue und radeln weiter. Von Neuseeland aus flogen wir über Tahiti und die Osterinseln nach Santiago de Chile in Südamerika. Unser nächstes Reiseziel war Ushuaia, die auf Feuerland gelegene südlichste Stadt der Welt. Eine Bekannte besuchte uns im chilenischen Seenland, und wir nutzten die Gelegenheit um Kettenblatt, Ritzel und Kette auszutauschen.


Unser Kilometerzähler zeigte mittlerweile 44500km an, was bedeutet, dass die zweite Kette von Rohloff und das Ritzel ganze 26000 km gehalten haben! Da ich jedoch meine Ersatzteile zu spät bei einem Freund in Deutschland bestellt hatte, konnte er uns nur noch eine Kette von Shimano besorgen. Na gut, dann wollen wir mal sehen, wie gut Shimano wirklich ist! Auf unserem Weiterweg nach Süden hatten wir das Glück ein El Niño Jahr zu erwischen, was uns zehn Tage Dauerregen auf der Carretera Austral bescherte. Die Carretera Austral ist die 1200 km lange überwiegend geschotterte Piste, die von Puerto Montt durch wilde entlegene Berglandschaften mit nahezu kaum Verkehr bis nach Villa O‘Higgins führt, und somit eine der beliebtesten Radstrecken der Welt ist. Nadine war weiter kräftig am Schalten, und so bekam sie bei km 46500 wieder ein paar neue Schaltzüge, während es 200 km später wieder Zeit für einen Ölwechsel war. Unser Weiterweg führte uns durch einsame Berglandschaften und durch die windige patagonische Steppe immer weiter nach Süden. Einmal hatten wir sogar so starken Rückenwind, dass wir ohne in die Pedale treten zu müssen aus dem Stand bis auf eine Höchstgeschwindigkeit von 47 km/h beschleunigt wurden. Die Quittung kam jedoch ein paar Tage später, als wir Gegenwind im gleichen Kaliber bekamen und dann nach drei Stunden kräftezehrendem Radeln gerade mal 15 km zurückgelegt hatten. Als wir in Ushuaia ankamen, hatten wir zwar Hochsommer, doch trotzdem schneite es hier selbst noch auf Meereshöhe! Auf unserem Weg nach Norden radelten wir durch Buenos Aires um hier die berühmte Tangoszene auszuchecken, nutzen die Zeit aber auch gleich noch um nach nunmehr 51500km die zwei Rädchen an Nadines Kettenspanner auszutauschen. Wir radelten weiter durch Uruguay und Südbrasilien nach Paraguay, als die Shimano Kette nach 10000 km unerwartet frühzeitig komplett verschlissen war und wir sie ärgerlicherweise mit einer weiteren Kette von Shimano ersetzen mussten. Wir durchradelten erneut die endlose Pampa und kamen in Salta in   Nordargentinien an, als Nadines Hinterradfelge von innen (am Felgenband) aufriss. Nach 56000km mit zwei Fahrrädern war dies unser erster Felgenbruch.

Wir hatten mittlerweile bereits einige andere Langzeit-Radreisende getroffen und für die meisten von ihnen waren gebrochene Felgen nichts Ungewöhnliches. Da mit einer Nabenschaltung die Spannung aller Speichen jedoch die Gleiche ist, ist dementsprechend das Hinterrad auch stabiler, was ganz offensichtlich dann auch viel weniger Probleme verursacht. Von Argentinien aus überquerten wir die Anden über mehrere Pässe mit bis zu 4800m nach Chile. Das Härteste an der Andenüberquerung war jedoch weder die große Höhe oder die langen Strecken ohne Wasser und Nahrungsmittelversorgung noch die kalten Nachttemperaturen von -18°C, sondern der ständige stramme Gegenwind. Der Wind war fast immer so stark, dass wir in der Ebene kaum schneller als 6-8 km/h radeln konnten und bei einem Sandsturm war er sogar so stramm, dass wir unsere Räder bergab schieben mussten! Von Chile aus ging es erneut über die Aden weiter nach Bolivien, wo wir den Salarde Uyuni, den auf etwa 3600m gelegenen größten Salzsee der Erde, überquerten. Vorbei am Titikakasee ging es weiter nach Peru, wo wir mitten durch die Zentralen Anden radelten. Die überwiegend schlechte Schotterpiste führte uns ständig von einem Andenpass (über 4000m) hinunter ins nächste Flußtal (1800m), nur um umgehend wieder den nächsten Pass zu erklimmen. In drei Wochen legten wir so 1500 km und 20000 Höhenmeter zurück, während zwischendurch nach 59000km der nächste Ölwechsel anstand. Da der Radmechaniker aus Salta, der Nadines Hinterrad neu eingespeicht hat, anscheinend nicht ganz so gut war, haben wir das Vergnügen von ein paar gebrochenen Speichen (zum Vergleich dazu hatten wir bis dato erst eine gebrochene Speiche an zwei Rädern), und so gab ich Nadines Hinterrad in Cusco (Peru) in einen Radladen zum Nachzentrieren. Zunächst schien zwar alles wunderbar, aber nach ein paar Kilometern und der nächsten gebrochenen Speiche stellte ich fest, dass viele Speichen komplett locker waren! Der Mechaniker musste ebenfalls versucht haben die Nabe in einem normalen Rad auszuprobieren, ohne jedoch die Achsplatte am Rahmen zu befestigen, so dass diese nun etwas verbogen war. Die verbogene Achsplatte führte jedoch zu Verspannungen im Gehäuse, wodurch etwas Öl aus der Nabe tropfte. Ich richtete die verbogene Achsplatte wieder, und das Tropfen hörte auf. Wie ich doch diese selbsternannten Fahrradmechaniker liebe!!!!


Nachdem wir nun 60500 km durch 35 Länder geradelt sind, sind alle meine Sorgen die Rohloff Nabe betreffend verflogen. Abgesehen von den regelmäßigen Ölwechseln und Nadines Schaltkabelverschleiß waren quasi keinerlei Wartungsarbeiten erforderlich. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie viel Zeit und Geld ich bei einem herkömmlichen Schaltungssystem mittlerweile hätte investieren müssen (insbesondere mit der ständig die Gänge wechselnden Nadine) und bin vollkommen davon überzeugt, dass das Geld in die Schaltung sehr gut investiert war. Dank der Tatsache, dass die Schaltung im Gehäuse sehr gut geschützt ist, können weder Sand oder Schlamm ihr etwas anhaben, und von beiden hatten wir bereits mehr als genug. Bedenkt man neben dem geringen Wartungsaufwand auch noch den Schaltkomfort, der uns insbesondere in den Bergen des Himalaya und der Anden und in den chaotischen Großstädten Asiens und Südamerikas das Leben doch sehr erleichtert hat, ist die Rohloff Schaltung unserer Meinung nach für alle Langzei -Tourenradler oder für all diejenigen, die es problemfrei lieben, die optimale Lösung.

www.weltenbummler2003.de

Wartungsarbeiten während der Reise

Distanz Martin Nadine
5500 km Ölwechsel Ölwechsel
6500 km   Schaltzüge
15000 km Ölwechsel Ölwechsel
18000 km Kettenblatt, Ritzel, Kette Kettenblatt, Ritzel, Kette
25200 km Ölwechsel Ölwechsel
27300 km Schaltzüge
34700 km Ölwechsel Ölwechsel, Neuer Schaltgriff
37500 km Schaltzüge
40300 km Schaltzüge  
41000 km Schraube OEM Platte gebrochen  
44300 km Kettenblatt, Ritzel, Kette Kettenblatt, Ritzel, Kette
46200 km Schaltzüge
46500 km Ölwechsel Ölwechsel
51700 km Rädchen Kettenspanner
54600 km Kettenwechsel Kettenwechsel
55900 km   Neue Felge
59200 km Ölwechsel Ölwechsel
59800 km Hebelarm gebrochen