Tanja und Denis Katzer widmen sich seit 1991 als Abenteurer, Filmemacher, Fotografen und Autoren von bisher 14 Büchern ihrem Lebensprojekt „Die Große Reise“ – 30 Jahre, die längste dokumentierte Expedition der Menschheitsgeschichte.

Ein Reiseleben, das es seit Marco Polo nicht mehr gegeben hat. 405.000 Kilometer (ca. 10 x um die Erde / einmal zum Mond) haben sie in bisher 86 Ländern auf dem Rücken von Kamelen, Pferden, in Begleitung eines Elefanten, zu Fuß oder mit landesüblichen Verkehrsmitteln hinter sich gebracht. Eine Reise zu Grenzen und darüber hinaus. Zu den Grenzen der Länder, der Kontinente, der Völker und Kulturen.

www.denis-katzer.de

Bücher und Filme

Neben ihren Büchern haben Tanja und Denis hunderte Beiträge für Zeitungen und Magazine geschrieben, viele Fernsehfilme produziert und zahlreiche Radio- und TV Interviewsgegeben.Vor einigen Jahren entdeckten die beiden Extremreisenden für sich das Radfahren,um mit eigener Muskelkraft und so ökologisch wie möglich zu ihrem nächsten Expeditionsvorhaben zu reisen. Nach ca. 15.000 Kilometer erreichten sie mit ihren Delite-Rohloff von Riese und Müller die Mongolei, um bei Temperaturen von bis zuminus 50 Grad einen Winter mit den letzten Rentiernomaden in Tipis zu verbringen.Im Juni 2015 setzten Tanja und Denis ihr Radabenteuer fort. Diesmal mit dem E-BikeDelite-Rohloff. Die E-Bike-Expedition wurde 'by fair means' und 'unsupported' durchgeführt. Die benötigte Energie gewannen sie unter anderem auch durchSolarpanels, die auf den Radanhängern montiert wurden und während des Fahrenseinen der Akkus luden."Für die 25 Monate dauernde Tour hatten wir uns diesmal für das E-Bike als Transportmittel entschieden, weil wir die Welt anregen wollten was man mitalternativen Energien alles schaffen kann. Wir wollten beweisen, dass solch eingigantisches Unternehmen mit Sonnenenergie und Muskelkraft möglich ist, um somitunsere Umwelt auch beim Reisen so gering wie möglich zu belasten. Die gesamteTechnik, die wir mitführten, wurde größtenteils neu und extra für diesen Tripentwickelt und von vielen Firmen zusammengestellt."

Längste unsupported E-Bike Expedition der Welt. Erste Etappe:

17.000 Kilometer und 74.000 Höhenmeter durch Sibirien, Mongolei, China, Vietnam, Kambodscha, Laos und Thailand

Auszüge aus dem Tagebuch Überquerung der Huashanberge in China

“Mit unseren Akkus schaffen wir das doch über das Gebirge oder?“, fragt Tanja. „Das ist, glaube ich, kein Problem. Mit je sechs Akkus sollten wir auch große Höhen überwinden können ohne liegen zu bleiben. Die Fahrt, die wir bereits über das bisherige Qin-Ling-Gebirge bewältigten, hat es uns bewiesen. Es hängt allerdings davon ab wie extrem und lange die vor uns liegenden Steigungen sind. Das kostet viel Power. Auch müssen wir daran denken, dass dort oben Schnee liegen könnte. Ohne Spikes auf den Reifen wäre dann eine Gebirgsüberquerung nicht möglich. Trotzdem muss ich dir recht geben. Die Tour über die Huashanberge, die ja noch immer zum Qin-Ling-Gebirge gehören, verspricht abenteuerlich zu werden und auf unserer Reise kommt es nicht auf ein paar hundert Kilometer Umweg an. Wir haben Zeit und wenn dort oben Schnee liegt finden wir eine Lösung. Notfalls kehren wir um und finden eine Route um das Gebirge herum. Hauptsache ist, dass uns dieser Trip durch China Spaß bereitet“, sage ich und gehe in die Detailplanung der kommenden Reisetage.

Am kommenden Tag brechen wir bei wunderbarem Sonnenschein auf. Nach zehn Kilometern verlassen wir die Hauptstraße und folgen einer schmalen Verkehrsader in Richtung Süden. Vor uns erheben sich die respekteinflößenden, majestätischen Berge. „Da müssen wir drüber!“, rufe ich und bin mir in diesem Augenblick nicht sicher ob wir uns zuviel vorgenommen haben. Kaum trifft unsere Straße auf den Gebirgszug geht es nach oben. Erst noch gemächlich doch bald recht steil. Wir leisten uns den Luxus im Turbomodus hinauf zu strampeln. 8 km/h ist die maximale Geschwindigkeit. Unsere Boschmotoren müssen Höchstleistung bringen. „Welche Reichweite zeigt dein Bordcomputer?“, rufe ich Tanja zu. „Acht!“ „Acht?“ „Ja.“ „Meiner auch“, antworte ich und hoffe, dass wir bald oben sind, da wir ansonsten nie und nimmer die vor uns liegenden 100 km schaffen. Während einer kurzen Rast schlage ich vor die ersten drei Akkus im Vollpowermodus durchzublasen. „Erst ab dem Vierten sollten wir uns Gedanken machen ob wir nicht in den Sportmodus runterschalten, um Energie zu sparen“, überlege ich als wir Akku zwei einsetzen. Wir radeln durch eine dunkle, kalte Schlucht, die links und rechts von massiven, steilen Felswänden begrenzt wird.

Der Fluss, dem wir folgen, ist an den meisten Stellen zugefroren. Mittlerweile haben wir uns von 400 auf 700 Höhenmeter hochgearbeitet. „Was denkst du wie weit es nach oben geht?“, fragt Tanja. „Vielleicht auf 1200 m?“, schätze ich. „Pass bloß auf. Die Straßen sind stellenweiße spiegelglatt“, warnt Tanja. „Ich weiß“, antworte ich, weil die ins Tal fahrenden Lastwägen auch hier ihre Bremsen mit Wasser kühlen. „Die spinnen doch bei dieser Kälte Wasser auf ihre Bremsen zu spritzen“, sage ich, weil dann zwar die Bremsleistung erhalten bleibt, dem König der Straße aber nichts nützt, wenn er auf blankem Eis dahinrutschen, um im schlimmsten Fall in eine zu Schlucht stürzen. Immer wieder stoppen wir, um bizarre Eisformationen zu fotografieren. Alle paar Kilometer kauert sich eine einfache Hütte am Straßenrand. Aus einem Schlauch spritzt Wasser. Es läuft auf die Straße und verwandelt sie in eine gefährliche Eisfläche. Das Wasser wird aus dem nahen Gebirgsfluss abgezapft und an die Lastwagenfahrer verkauft. Die wiederum füllen es in ihre Tanks, um damit die Bremsen zu kühlen. Ich vermute, dass die armen Bewohner dieses Tals somit ein wenig Geld verdienen. Wir halten an, um die bizarren Eisformationen zu fotografieren, die entstehen wenn das im hohen Bogen aus dem Schlauch spritzende Wasser auf den kalten Fels trifft und sofort gefriert.

 

Erst jetzt bemerken wir mit unseren Bikes auf blankem Eis zu stehen. „Hier musst du höllisch acht geben. Zieh unter keinen Umständen die Vorderbremse“, warne ich Tanja als wir mit Schwierigkeiten versuchen unsere Delites auf die Straße zu schieben.

 

Mittlerweile befinden wir uns auf 1000 m Höhe und setzen den dritten Akku ein. Bis hierher legten wir gerade mal 25 km zurück. Das Thermometer zeigt 15 Grad minus an. Noch immer geht es unentwegt nach oben. Die Berge um uns herum sind atemberaubend schön und die Luft ist rein und klar. „Ein wunderbarer Radtag!“, frohlocke ich. „Ja, da hast du uns eine tolle Strecke herausgesucht“, lobt Tanja. Obwohl es anstrengend ist sind wir glücklich. Wir fühlen uns frei, unsere Lungen atmen saubere Luft, unser Herz schlägt kräftig und unsere Muskeln pumpen das Blut durch unseren Körper. Plötzlich ist wegen einem Bergrutsch die Straße kurzfristig gesperrt. Der Verkehr steht für eine Weile still. Wir entscheiden uns den unter uns halb zugefrorenen Fluss zu queren, um so den Stopp zu umfahren. Es ist etwas riskant, da es auf dem Eis am Flussrand recht glatt und brüchig ist. Die Reifen unserer Bikes arbeiten sich über das Eis. Krrrchack, knackt die Eisfläche unter uns, worauf sich die Reifen jetzt durch das kalte Wasser drehen. Zum Glück ist der Fluss hier nur etwa 30 Zentimeter tief. Um die Geschwindigkeit zu halten schalte ich ein paar Gänge runter. Trotz der Kälte, dem Flusswasser und der Last lässt uns die Speedhub nicht im Stich. „Yeaaa!“, ruft Tanja als sie hinter mir die Böschung hochfährt. Immer weiter winden wir uns nach oben. Natürlich, im Vergleich zum Himalaya, ist das hier nur ein Vorgebirge und trotzdem gehört diese Passstrecke zu einer der längsten Steigungen seit unserem Reiseaufbruch in Deutschland vor vielen Jahren. Auf den 15.000 km von Deutschland bis in die Mongolei überquerten wir mit normalen Fahrrädern und Anhängern die schwäbische Alb, die Karpaten in Rumänien, den Ural in Russland, das Südsibirische Gebirge, das Sajangebirge in Sibirien, Teile des Baikalgebirges, des Bargusingebirges und Chamar-Daban- Gebirges am Baikalsee und, nicht zu vergessen, das endlose Bergland in der Mongolei. Wir waren gezwungen unsere Böcke zahllose Steigungen nach oben zu schieben. Eine absolute Schwerstarbeit. Aber hier, in diesem Bereich des Qing-Ling- Gebirges, würde unsere Fahrt ohne die Unterstützung des Elektromotors definitiv zum stehen kommen. Das bedeutet, wir besitzen dadurch die Chance die Limits des Machbaren massiv nach oben zu setzen, denn sollte der Motor ausfallen, wäre es undurchführbar unsere 150 Kilogramm schweren Roadtrains diesen langen Pass hinaufzuschieben. Wieder sind wir dankbar für die Technik die uns bisher nicht im Stich gelassen hat. Bei jetzt ca. minus 18 Grad, strampeln wir unsere Bikes bis auf 2.300 m Höhe. Erst jetzt, nach 40 km und dem Verbrauch von 4 1/2 Stromsammlern scheinen wir den höchsten Punkt erreicht zu haben. Noch liegen knapp 60 km vor uns. Da es nun bergab geht, entscheiden wir uns weiterhin im Turbomodus zu fahren. Eine gute Entscheidung, denn die Talfahrt, bis auf 900 m, ist lang und ohne wesentliche weitere Höhen. Wir benötigen für die restliche Strecke nur noch eine Akkuladung…

Steine, Staub, Splitt, Schotter und unzählige Schlaglöcher

Die Straße ist eine einzige Baustelle. Ein Loch reiht sich am anderen. Steine, Staub, Splitt und Kies stressen unsere Radtechnik in schlimmster Form. Noch dazu geht es meist bergauf. Mit ca. 44 bis 48 Grad in der Sonne ist es affenheiß. Nach dem sechs Monate anhaltenden chinesischen Winter, bei Temperaturen von bis zu minus 25° C, und dem hinter uns liegenden Starkregen, haben wir uns noch nicht an die plötzliche Wärme gewöhnt. Ab und an breitet sich frischer Bitumen vor uns aus und schenkt uns und den Bikes eine Atempause. Bei 2.800 Höhenmeter angekommen, ist der Scheitelpunkt des Passes noch immer nicht erreicht. An manchen Stellen müssen wir wegen der enormen Steigung in den dritten Gang runter schalten. Klack, klack, klack, springt das Schaltgetriebe der Rohloff in den richtigen Gang. Fantastisch wie verlässlich diese Schaltung arbeitet, denn es ist nicht selbstverständlich, dass eine Schaltung unter solch einer enormen Last seine Zuverlässigkeit und Präzision behält. Sicherlich könnte man an dieser Stelle meinen; "Aha, jetzt muss er eine Lobeshymne an seine Sponsoren schreiben", jedoch weit gefehlt. Bis jetzt bin ich einfach begeistert mit welch fantastischer Qualität uns unsere Partnerfirmen ausgerüstet haben. Das ist einfach weltklasse und zum Großteil mit dafür verantwortlich, welch Freude es uns bereitet, auf diese Art, Mutter Erde für uns erforschen und entdecken zu dürfen.

Monsunregen in Vietnam

Kaum sind unsere Satteltaschen gepackt, schüttet es wieder wie aus Eimern. Dessen ungeachtet beladen wir unsere Bikes und lassen das Küstendörfchen hinter uns. Es dauert nicht lange als das Wasser durch die Reisverschlüsse unserer Regenhosen dringt und trotz des Schutzes in die Schuhe läuft. Nach 30 Minuten sind wir klatschnass. Wie auch gestern radeln wir auf schmalen Straßen durch viele Dörfer, die, würde es nicht ständig regnen, sicherlich idyllisch wären. Nach 50 km treffen wir erneut auf den Highway A 1 auf dem die Lastwagen hin und herfauchen. An einer Straßengabelung verbieten uns Hinweisschilder die Einfahrt in den 6,3 km langen Hai-Van-Tunnel, der den vor uns liegenden gleichnamigen Pass durchbohrt. Nur Autos und Lastwägen dürfen ihn nutzen. Zweiräder jeglicher Art sind gezwungen über den 20 km langen Pass zu fahren. Schulterzuckend nehmen wir die nächste Herausforderung, bei diesem Sauwetter über den wolkenverhangenen Hai-Van oder Wolkenpass zu strampeln, hin. Klick, klick, klick, schalte ich die Rohloff vom vierzehnten in den dritten Gang herunter, um die Steigung zu meistern. Auch bei diesem furchtbaren Wetter funktioniert die Biketechnik fehlerfrei. Obwohl der Boschmotor wegen den tiefen Pfützen zeitweise mehr unter als über dem Wasser ist, schnurrt er zum Glück zuverlässig.

 

Nach 110 Tageskilometer taucht das Chinesische Meer links neben uns auf. Tiefhängende Wolken vereinen sich mit der schäumenden Gischt der meterhohen Wellen. Das Brausen der Brandung weit unter uns dringt über den tropfenden Tropenwald bis an unsere Ohren. Zahlreiche Motorradfahrer knattern an uns vorbei. Einige Fahrer und Beifahrer strecken uns ihren erhobenen Daumen entgegen und motivieren uns mit ihren aufmunternden Zurufen. Umso höher wir kommen, desto dichter werden die Wolken. Es dauert nicht lange bis die wabernde graue Wand die zwei Radler in sich hineinzieht und die Sicht auf wenige Meter begrenzt...