Mit langer Kette in den Berg
von Margret Klose https://www.rundschau-online.de/region/bonn
„Es ist gelungen“, freut sich der Extremsportler Dr. Frank Hülsemann über sein jüngstes geglücktes Experiment. Nachdem er vor drei Jahren mit einem selbst gebauten Laufrad wie vor 200 Jahren nach Paris „lief“ und vor zwei Jahren im Land der 1000 Berge alle 1000 Berge in 1000 Stunden bezwang, investierte er seine ganze Energie diesmal auf den bisher als unbefahrbar geltenden Theodulpass in den Walliser Alpen. Während der Corona-Pandemie hatte Hülsemann dafür ein spezielles Fahrrad konstruiert und gebaut. Und soviel vorweg: „Jetzt ist der Pass befahrbar“, sagt der Sportler.
In etwa sechs Stunden bezwang Hülsemann die Anstiege vonbiszu40Prozent undradelte wahrlich den Südhang des Berges hinauf bis um Gletscher in eine Höhe von 3295 Metern. Allerdings sei eine solche Tour auch für ihn grenzwertig. Die Luft sei so hoch oben extrem dünn.„Einen Sprint konnte auch ich dabei nicht einlegen“, scherzt er. Selbst mit dem speziellen Berg-Fahrrad ging es nur sehr langsam und mit vielen Pausen bergauf: „Es war schon extrem anstrengend.“ Wanderer und Bergsteiger auf der Strecke seien teilweise zu Fuß sogar schneller als er gewesen. Doch es habe sich gelohnt.
Seit ein paar Tagen ist Hülsemann nun zurück. Und immer noch trage ihn das Glücksgefühl der geglückten Tour durch den Alltag.Herzklopfen habeerauch vor jeder Trainingstour gehabt. DieIdee,einFahrradzubauen mit dem sich Berge und Pässe bezwingen lassen, sei langsam gewachsen. Auslöser war eine Tour die er vor zehn Jahren mit Kollegen unternahm. „Damals wollten wir mit dem Fahrrad die Vulkane in Südamerika hinauf“, erklärt er. Doch das Gelände sei zu steil, die Luft zu dünn und die Bikes nicht tauglich für solche Anstiege gewesen.
Lange Zeit blieb es bei dem bloßen Vorhaben – bis er mit seinen Söhnen die Sendung mit der Maus schaute, in der gezeigt wurde, wie ein Fahrrad gebaut wird. „Klick“, habe es dann gemacht, und in seinem Inneren habe es zu arbeiten begonnen. Schnell waren dann auch die Vulkane wieder allgegenwärtig und damit der Traum, mit dem Fahrrad die steilen Hänge in Höhen von mehr als 6000 Metern hinauf zu radeln – ohne Motor versteht sich.
Zunächst auf dem Papier, schnell aber auch in der Werkstatt hinter seinem Wohnhaus in Roisdorf entstand der Prototyp für das Bergauf-Fahrrad. Damit sich das Bike in der Steigung nicht nach hinten überschlägt, hat es der Konstrukteur nach hinten um gut 40 Zentimeter verlängert – auf insgesamt rund zwei Meter. Die Übersetzung hingegen verkleinerte er um ein Vielfaches. „Die Fahrradkette ist jetzt gut doppelt so lang wie bei einem normalen Tourenrad“, erklärt er. Hydraulisch per Knopfdruck lässt sich der Sattel höher und tiefer stellen. Sogar der Rahmen des etwa 17 Kilogramm schweren Rades ist höhenverstellbar und die 14- Gang Rohloff-Nabenschaltung lässt sich auch im Stand einstellen. Ganz bewusst sind die Reifen des Bikes ziemlich dick. Damit das Hinterrad auf Schotter nicht durchrutscht, hat der Roisdorfer zusätzlich eine „SpikesKette“ entwickelt, die er über das Gummi ziehen kann.
Sein Trainingsgelände waren zunächst ein kleiner „Weinberg“ hinter dem Haus, in dem er wohnt, später das Vorgebirge und schließlich die Weinberge im Ahrtal. Und immer wieder folgten nach den Testläufen auch Gespräche mit Wissenschaftlern und Mechanikern der Sporthochschule in Köln, wo Hülsemann arbeitet. Mal ist mir beim Training der Rahmen gerissen, viele Male auch die Fahrradkette und unzählige Male bin ich auch hingefallen“, berichtet er. Nach jeder Tour habe er an seinem Fahrrad arbeiten müssen um Einstellungen aber auch die Materialien zu ändern oder zu erneuern. Und fertig ist das Rad auch jetzt nach bezwungenen Theodulpass noch nicht. „Das war nur die Generalprobe“, sagt der 49-Jährige. Als nächstes will er im Kaukasus auf den 5642 Meter hohen Elbrus – bis zum Gletscher,unddannstehennoch die Vulkane in Südamerika auf seiner Liste der unerledigten Dinge.
Update 09-2024:
Wie das bei einem solchen Projekt im Extrembereich üblich ist, müssen immerwieder Hürden überwunden werden und gewisse Schwächen des letztjährigen Modells überarbeitet werden. In diesem Jahr hat das Rohloff-uphill-bike gut gehalten und sogar besser "performed" als die Kettenschaltungsvariante ;-)
ch bin am Pic Blanc bei Alpe d'Huez bis auf 3230 m gefahren, dann war im Schnee/Eis Schluss. Dann bin ich auf den Theodulgletscher bei Zermatt bis auf 3460 m (Testa Grigia) gefahren.
Besonders am Pic Blanc wurde das Material bei ca. 45 % Steigung bis ans Bersten beansprucht aber nichts ist geborsten...
Nach den letzten Tests hier im "Flachland" war das bereits abzusehen ;-) und daher hatte ich den Flug für März 2025 nach Chile bereis gebucht - dort nehmen wir uns dann die Vulkane vor.
Was hält die Speedhub bei díesem Projekt aus:
-Bis zu 45 % Steigung mit Traktionskette auf dem Reifen im Geröll-/Schneematsch
-Bike mit 13,5 kg Gewicht + 3 kg Gepäck + 90 kg Fahrer,
-eine extreme Untersetzung = ermöglicht eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu minimal 2 km/h.
Mehr Details dazu finden Sie auf der website unter: www.exyle.de
oder auf der facebook Seite von Frank Hülsemann